Entgratverfahren
Welches Entgratverfahren eignet sich für Ihre Anwendung?
Wer kennt ihn nicht, den Entgrat-Urwald. Es gibt die verschiedensten Entgratverfahren welche vom konventionellen Handentgraten über das Trowalisieren/Gleitschleifen bis hin zu modernen Verfahren wie Wasserstrahlentgraten oder thermisches Entgraten reichen. In der Folge bringen wir Ihnen die verschiedenen Entgratverfahren näher und zeigen die Vor- und Nachteile auf.
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Thermisches Entgraten
für schwer zugängliche Gratstellen
thermisches Entgraten: Beim thermischen Entgraten (TEM) werden die Grate prozesssicher entfernt. Das heisst, dass auch Grate an schwer zugänglichen Stellen sauber entfernt werden und eine absolute Gratfreiheit erreicht wird. Gratfreiheit bedeutet, dass sich keine Gratpartikel mehr lösen können. Aufgrund dieser Zuverlässigkeit und der daraus resultierenden Entgratqualität ist es für Produkte, bei denen diese Forderung sicherheitstechnisch begründet ist, oft als Entgratverfahren vorgeschrieben.
Vorteile: geringe bis keine Initialkosten (in Lohnfertigung), hohe Prozesssicherheit, schwer erreichbare Grate werden sicher entgratet, hoher Rationalisierungsgewinn, geeignet für Gross- und Kleinserien
Nachteil: Anschaffung der Anlage ist teuer, TEM wird daher meist vom Lohnfertiger angeboten
Handentgraten
Vielseitiges Entgraverfahren
Das wohl am weitesten verbreitete Verfahren. Mit Hilfe von
Entgratwerkzeugen werden Grate aus den Bohrungen gearbeitet und von
Kanten entfernt. Dazu gehören einfache Dreikantschaber, Bürsten und
luftgetriebene Schleifer und Fräser welche von einem geschulten
Entgrater von Hand bedient werden. Die Anforderungen an das
Handentgraten werden oft unterschätzt. Man braucht sehr viel Gefühl für
das Material, gute Feinmotorik und ein gut geschultes Auge.
Vorteil:
Vielseitig und kurzfristig einsetzbar, kann oft als Nebenarbeit
erledigt werden und ist so eine effiziente Variante. Es fallen meist nur
geringe Vor- und Einrichtungskosten an.
Nachteil: Entgraten von
komplexen Formen oder tiefen Bohrungen ist sehr aufwendig und birgt die
Gefahr, dass ein Grat vergessen gehen kann, fehlende Prozesssicherheit.
Dieses Entgratverfahren ist sehr personalintensiv. Kleine Ausrutscher
mit dem Entgratwerkzeug können die Teile irreparabel beschädigen. Es
entstehen Sekundärgrate.
Maschinelles Entgraten
kein zusätzlicher Prozess
Dieses Entgratverfahren ist direkt in den Bearbeitungsprozess
eingebunden. Mit speziellen Entgratwerkzeugen und optimiertem
Programmieren werden Kanten und Bohrungen entgratet und verrundet oder
die Gratbildung stark reduziert. Das Werkstück kommt somit fixfertig aus
dem Bearbeitungszentrum oder ist zumindest so vorentgratet, dass das
Fertigentgraten kostengünstiger wird.
Vorteil: Entgrataufwand
nach der Bearbeitung wird verringert oder entfällt komplett. Ist eine
optimale Vorbereitung für Entgratverfahren wie das thermische Entgraten
oder Trowalisieren/Gleitschleifen.
Nachteil: Die Bearbeitungszeit
auf teuren Drehautomaten oder Fräszenter wird länger, feinste Grate
bleiben immer übrig oder entstehen sogar neu als Sekundärgrat.
Trowalisieren / Gleitschleifen
Günstig und schnell
Das wohl bekannteste automatisierte Entgratverfahren. Die zu
bearbeitenden Werkstücke werden zusammen mit Schleifkörpern (so
genannten Chips) und meist einem Zusatzmittel in wässriger Lösung
(Compound) als Schüttgut in einen Behälter gegeben. Durch eine
oszillierende oder rotierende Bewegung des Arbeitsbehälters entsteht
eine Relativbewegung zwischen Werkstück und Schleifkörper, die einen
Materialabtrag am Werkstück, insbesondere an dessen Kanten, hervorruft.
Unterkategorien vom Trowalisieren/Gleitschleifen sind ISF-Isotropic
Superfinish, Trommelgleitschleifen, Vibrationsgleitschleifen,
Tauchgleitschleifen, Schleppschleifen, Fliehkraftgleitspanen und
vibrationsfreies Gleitschleifen.
Vorteil: Keine Vorrichtung nötig, Kanten werden verrundet, sehr rationell da die Teile oft als Schüttgut behandelt werden.
Nachteil: Komplexe Werkstückformen oder Vertiefungen werden vom
Schleifkörper nicht erreicht, Grate können in die Bohrung gebogen
werden. Die Oberfläche der Teile wird verändert.
Hochdruck Wasserstrahlentgraten (HDW)
Entgraten und Reinigen
Das Entgraten mit einem Hochdruckwasserstrahl ist besonders für
Werkstücke aus Leichtmetall geeignet. Der Wasserstrahl wird mittels
einer Lanze zu der zu entgratenden Stelle geführt. Der hohe Druck des
Wasserstahls, bis über 1000 bar, entfernt die Grate gezielt an den
angefahrenen Stellen.
Vorteil: gezieltes Entfernen der Grate, für grosse Serien geeignet, Entgraten, Entspanen und Reinigen in einem Arbeitsgang
Nachteil: Grosser Programmieraufwand der CNC-gesteuerten Maschine,
lange Durchlaufzeiten, grosser Handling-Aufwand, nur programmierte
Stellen werden entgratet, stärkere Grate werden nicht entfernt
Elektrochemisches Entgraten (ECM)
für verrundete Übergänge
Bei diesem elektrolytischen Entgratverfahren wird durch anodische
Materialauflösung ein gezielter Materialabtrag ermöglicht. Es wird daher
auch elektrochemische Metallbearbeitung genannt. Dieses
Entgratverfahren ist besonders dort interessant wo Bohrungsübergänge
gezielt verrundet werden müssen, zum Beispiel bei Hochdruckanwendungen.
Ein verwandtes Entgratverfahren ist das Elysieren.
Vorteil: Eine ausgewählte Stelle wird gezielt formentgratet. Definierte Verrundungen von Kanten sind möglich.
Nachteil: Hohe Vorrichtungskosten / Initialkosten, lange
Bearbeitungszeit, kostenintensiv, nur gezielt angefahrene Stellen werden
entgratet
Strömungsschleifen, Druckfliessläppen
für feine Oberflächen
Ein polymeres Medium in welchem das Schleifmittel gebunden ist strömt
mit definiertem Druck und Temperatur oszillierend entlang der zu
bearbeitenden Konturen und führt zur Werkstoffabtrennung. Die Oberfläche
wird dabei poliert und Kanten verrundet.
Vorteil: Entgraten, Kanten verrunden und Polieren von komplexen Formen in einem Arbeitsgang, aufwändige Handarbeit entfällt
Nachteil: Materialabtrag findet an allen Partien statt, die von der
Schleifpaste erreicht werden, Entgratung nur von gezielt bearbeiteten
Stellen. Aufwändiges Reinigen der Teile erforderlich.
Schleppfinish
gezielt einseztbar
Die zu bearbeitenden Werkstücke sind in speziellen Haltevorrichtungen
fixiert und werden in kreisförmigen Bewegungsmustern durch einen
Behälter mit Schleif- oder Poliergranulat geschleppt.
Vorteil: Exakte Kantenverrundung oder Hochglanzfinish erreichbar
Nachteil: Hohe Einrichtkosten, ganzes Werkstück wird bearbeitet, nicht geeignet für kleine Serien
Entgraten mit Industrieroboter
für grosse Serien
Dieser Entgratprozess ist meist mit dem Bearbeitungszenter verknüpft
und folgt direkt an die mechanische Bearbeitung der Werkstücke. Der
Roboter übernimmt dabei die Arbeit des Ladens und Entladens der
Bearbeitungszenter, der Werkstückkontrolle und des Entgratens. Beim
Entgraten führt der Entgratroboter die Teile zu mechanischen
Entgrathilfen wie Bürsten oder Schleifbänder.
Vorteil: Keine Gratstelle geht vergessen, für Grossserien geeignet, geeignet für kleine und grosse Werkstücke
Nachteil: Grosser Programmieraufwand, hohe Investitionskosten, benötigt viel Platz, Sekundärgrate entstehen
Weitere Entgratverfahren sind: rotolytisches Entgratverfahren, Nadelentgraten, Strahlspanen, Schneidölentgraten auf Drehautomaten, Feinschleifen mit Ultraschall, magnetabrasive Feinstbearbeitung, Tauchläppen...